Mittwoch, 25. August 2021

Anbieter verteilt Millionen Lose Suchtexperten kritisieren private Impflotterie

Zu den unterschiedlichsten Anreizen, mit denen Impfmuffel gelockt werden sollen, zählt unter anderem eine Kirmes mit Impfmöglichkeit in Köln.

(Foto: picture alliance/dpa)

Mehrere US-Staaten versuchen bereits, mit der Chance auf hohe Gewinne zögerliche Bürger in die Impfzentren zu locken. Ein privater Anbieter will dies nun auch in Deutschland tun. Suchtexperten halten die Verbindung der Werbung für ein Gewinnspiel und der fürs Impfen für problematisch.

Der private Online-Lotto-Anbieter Lotto24 startet eine erste bundesweite Impflotterie in Deutschland. Einem Bericht der Zeitungen der Funke Mediengruppe zufolge will das Unternehmen heute seinen Plan vorstellen. Dabei sollen zwei Millionen Freilose für ein Lottospiel namens "Freiheit+" an Geimpfte oder Personen, die sich bis zum 30. September impfen lassen, verteilt werden. Wer sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen kann und einen Nachweis dafür erbringen kann, ist dem Bericht zufolge ebenfalls teilnahmeberechtigt. Man wolle einen Anreiz zur Impfung geben, sagte die Kampagnen-Verantwortliche von Lotto24, Marianna Herno. "Die Impflotterien im Ausland waren ein Vorbild für uns", sagte Herno.

Der mögliche Hauptgewinn bei der Impflotterie beträgt 250.000 Euro sofort plus zusätzlich weitere 5000 Euro pro Monat für 15 Jahre, in Summe also 1,15 Millionen Euro. Die Ziehungen finden immer montags statt. Pro Los werden 50 Cent für Bildungsprojekte gespendet.

Die Aktion stößt allerdings auf Kritik bei der Drogenbeauftragten der Bundesregierung und bei Suchtforschern. "Impfen ist unser Weg raus aus der Pandemie, gar keine Frage! Aber jetzt alles was geht als Anreiz für den Piks anzubieten halte ich für schwierig", sagte Daniela Ludwig, Drogenbeauftragte der Bundesregierung den Funke-Zeitungen. Sie setze lieber auf Überzeugungsarbeit und niedrigschwellige Impfangebote. Auch Verena Küpperbusch, Suchtexpertin der Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW, äußerte Kritik. "Ich finde es fragwürdig, wenn ein Angebot mit einem gewissen Suchtpotenzial mit der Impfung verbunden wird", sagte Küpperbusch den Funke-Zeitungen.

Heiligt der Zweck die Mittel?

Der Bremer Suchtforscher Tobias Hayer schätzt das Suchtrisiko bei einer Impflotterie insgesamt für gering ein, sieht aber eine Gefährdung für vulnerable Gruppen. "Die Suchtgefahr bei einem einmaligen Freilos und einer Ziehung pro Woche ist als gering einzustufen. Es wird dadurch niemand impflotteriesüchtig werden", sagte Hayer ebenfalls den Funke-Zeitungen. "Sollte die Impflotterie tatsächlich dazu führen, dass die Impfquote erhöht wird, kann man sich durchaus die Frage stellen, ob der Zweck hier die Mittel heiligt."

Zugleich wies Hayer darauf hin, dass es im ökonomischen Interesse eines privatwirtschaftlichen Unternehmens sei, neue Kunden mit der Aktion zu gewinnen. Da beim Lotto die Spielgeschwindigkeit gering ist, sei die Suchtgefahr überschaubar, sagte der Suchtforscher der Universität Bremen. In Summe aller Angebote werde aber auch beim Lotto die Spielabfolge schneller. "Ein Gefährdungspotenzial für vulnerable Gruppen, also beispielsweise diejenigen, die bereits viel bei anderen Angeboten verspielt haben, ist aber schon jetzt gegeben", sagte Hayer.

Quelle: ntv.de , mbo

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