Unionskrise bei Markus Lanz "Was Söder gemacht hat, war offene Sabotage"
Diana Kinnert ist Unternehmerin und Publizistin.
(Foto: imago images/teutopress)Nach der verlorenen Bundestagswahl und Indiskretionen in Sondierungsgesprächen steht die Union bei den Koalitionsgesprächen auf dem Abstellgleis. Bei Markus Lanz sitzt unter anderem CDU-Nachwuchshoffnung Diana Kinnert. Sie beobachtet in ihrer Partei schon seit vier Jahren "Lagerbildungen und Illoyalitäten".
Nach der Ankündigung von Grünen und FDP, zunächst Sondierungsgespräche mit der SPD über die Bildung einer Ampel-Koalition zu führen, ist ein offener Streit zwischen CSU und den Liberalen ausgebrochen. Während sowohl die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck als auch FDP-Chef Christian Lindner mögliche Gespräche mit CDU und CSU nicht ganz ausschließen wollten, liegen bei der CSU die Nerven blank. In einem Pressestatement sagte CSU-Chef Markus Söder, die Entscheidung sei klar: "Sehr wahrscheinlich gibt es eine Regierungsbeteiligung ohne die Union." Die CSU wolle in der Opposition konstruktiv sein. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht die Aufgabe der Union klar: Man werde sich für die Opposition rüsten, twitterte er.
Die Bayern sehen dabei die Hauptschuld bei der FDP. Deren innenpolitischer Sprecher Konstantin Kuhle sieht das völlig anders. Er schrieb am Mittwochabend in einem Kommentar auf Twitter: "Ohne die permanenten CSU-Blutgrätschen gegen Armin Laschet könnten wir morgen Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition beginnen." CDU-Chef Laschet selber hatte am Mittag vor der Presse erklärt, er stehe auch weiter für Gespräche zur Verfügung.
Markus Lanz hat sich dazu passend unter anderem eine CDU-Politikerin und einen FDP-Politiker eingeladen. Diana Kinnert ist Mitglied im "Bundesnetzwerk Integration" der CDU. Sie ist außerdem Geschäftsführerin einer Nachrichtenplattform für grüne Innovationen und Technologien. Und sie ist entsetzt über die Führung ihrer Partei. "Wir haben schon seit vier Jahren Lagerbildungen und Illoyalitäten", sagt sie. Zu dem Streit in der Führungsspitze der Union hat sie ebenfalls eine klare Meinung: "Wir haben einige Figuren in der CDU, die sich nicht als gemeinsame Führung verstehen, sondern die sich gegenseitig ein Bein stellen." Sie habe nicht den Eindruck, in ihrer Partei gebe es eine konstruktive und geschlossene Führung. "Ich finde das dem Land gegenüber schädlich, denn wenn die Ampel nicht funktioniert, müsste die Union sehr geschlossen bereitstehen. Aber den Eindruck macht sie nicht."
"Wenn man nichts formuliert, ändert sich nichts"
Johannes Vogel ist stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP und deren Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen. In einem Tweet hatte er die Teilnehmer der Union dafür verantwortlich gemacht, Einzelheiten aus den Vorsondierungen mit der FDP an Journalisten weitergegeben zu haben. "Das fällt auf, liebe Union. Und es nervt", hatte er getwittert. Für ihn bleibt Jamaika eine Regierungsoption. Aber er sagt auch, in den letzten Jahren sei in der Regierungspolitik einiges falsch gelaufen. Es sei viel zu wenig langfristig geplant worden. "Man hatte das Gefühl, es ist kein Raum für Vertrautheit mehr möglich." Das müsse sich ändern. Dabei gehe es um Stilfragen und eine neue politische Kultur. "Ich fand es notwendig, das zu formulieren. Wenn man nichts formuliert, ändert sich auch nichts", so der FDP-Politiker.
Mit dem politischen Stil der Union scheint auch Diana Kinnert nicht zufrieden. Sie kritisiert, dass für den Wahlverlust ausschließlich Parteichef Laschet zur Verantwortung gezogen werde. "Die Frage ist, ob wir endlich die politischen Verletztheiten aufarbeiten oder ob wir in dem Karussell weitermachen wollen", sagt Kinnert. Und dann kommt sie auf das Pressestatement von Markus Söder zu sprechen. "Ich habe das als destruktiv empfunden", sagt sie. "Was Söder gemacht hat, war offene Sabotage." Die Union müsse bereitstehen, wenn Grüne und FDP auf sie zukämen.
Diese Möglichkeit will Johannes Vogel auf jeden Fall offenlassen. "Wir fangen grade erst an", sagt er - und meint damit die Dreiersondierungen zwischen SPD, Grünen und FDP, die am heutigen Donnerstag beginnen. Eine kleine Spitze gegen die Union hat der FDP-Politiker aber doch parat: "Mir bleibt ein destruktives Element bei der Union nicht verborgen."
Quelle: ntv.de